(Umzugs-)Container nach schwerer See

(Umzugs-)Container nach schwerer See
Quelle: Internet. Der Blog hat keinen Bezug zum Schiffsnamen oder zu dessen Ladung

Sonntag, 14. Februar 2010

Luftwurzeln

Fange ich an mit zwei Geschichten, die rückwärts laufen sollen, in entgegengesetzte Weltteile und in die gleiche Richtung: Heimat, und doch nur ins Fremde gehen und im Vergehen enden werden. Witwen, vor Jahren aus Südamerika hierher gekommen, zu einem deutschen Mann, der inzwischen gestorben ist, die Kinder fort. Wohin jetzt? Die erste flieht aus einem Job, der ihren Status nicht unterhielt, weil sie hier erst als Witwe ins Berufsleben eintrat, und kann von ihrer Rente das geerbte, aber noch nicht abbezahlte Reihenhaus nicht halten. Zurück nach Kolumbien also. Der Preis des Umzugs ist, dass sie ihr gesammeltes Gut nicht mitnehmen kann, nur, was ins Fluggepäck paßt. Von mir erwartet sie ein Angebot, das ihr diese Trennung von Schrank, Geschirr und Golfausrüstung erspart.

Während dessen kommt die zweite zurück: sie hatte ihr Gut im Container nach Lima mitgenommen, aber fand dort nach dreißig Jahren Abwesenheit keinen neuen Anfang: nichts mit den Freundinnen zu reden, selbst die Muttersprache fremd im Mund. Also wieder hierher mit einer großen Kiste, die Kartons zum Teil in Lima gar nicht ausgepackt. Hoffnung, Anschluß an ihr altes Leben zu finden. Aber wo sind die Freunde jetzt? Wie neue finden, wie eine Wohnung, mit schlechtem Deutsch und schlechtem Englisch? Es bleibt: die Kirche. Und es wächst bereits die Unzufriedenheit mit dem kargen Unterkommen, das sie angeboten hat. Hier muß es einfach besser werden!

Ich denke, ich sollte die beiden miteinander bekannt machen. Dann entscheide ich mich dagegen. Es würde bedeuten, Verantwortung dafür zu übernehmen, dass sie aneinander Halt finden. Wenn das nicht gelingt, werden sie ihn bei mir suchen. Transatlantisch leben kann aufregend sein. Transatlantisch altern heißt Nachleben ohne noch Wurzeln treiben zu können.

Ein PS: nach zwei Stürzen, Schulterbruch und Armbruch ist die Dame jetzt Pflegefall. Und die Rechnung für die Hafengebühren immer noch nicht beglichen.

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