(Umzugs-)Container nach schwerer See

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Quelle: Internet. Der Blog hat keinen Bezug zum Schiffsnamen oder zu dessen Ladung

Samstag, 24. April 2010

Buddha an der Quelle

Wie in jeder Stadt mit Einzelhandel für geschmackvolles Wohnen schmücken auch hier Buddhafiguren Schaufenster, Kaffee-Bars und Friseursalons, billig geformt, kopiert & importiert aus südasiatischen Schwellenländern. Auch in Einrichtungszeitschriften werden sie als Deko-Elemente propagiert. Am ehesten kann man das als Indiz dafür nehmen, dass die Indien-Begeisterung der siebziger Jahre nicht allein als Esoterik im Juste Milieu angekommen ist, sondern sich dort ihr Denkmal zwischen den anderen Familiendenkmälern gesichert hat: Nippes-Erbstücken, Fotos, Feng Shui Accessoires, Antikem undsoweiter.


An zwei Orten Wiesbadens schien sich ein differenzierterer Zugang zum buddhistischen Figurenkanon zu manifestieren. Ein Geschäft in der Taunusstraße bot Buddhas an, die in Südasien aus ihrer sakralen Funktion entlassen worden waren. Gut präsentiert, hatten sie ihre sakrale Aura bei sich behalten, selbst wenn sie teilweise zurechtgesägt und auf Podeste montiert waren, um hiesigen Dekovorstellungen entgegen zu kommen. Gerade haben wir die Buddhas zusammen mit dem gesamten Warenbestand eingelagert: die Finanzkrise führte zu Abstrichen bei Privat- und Geschäfts-Budgets, und das betraf zuerst den Zierrat. Die Aura war nicht stark genug.


Was noch steht: ein lebensgroßer Buddha aus Marmor unter einem Baum am Rande des Kranzplatzes, schräg gegenüber der Staatskanzlei. Stets mit frischen Blumen geschmückt, schien er tatsächlich ein zusammen mit Gläubigen eingewandertes Heiligtum zu sein. Trotz seines prominenten Standorts am römischen Quellort der Stadtgeschichte war er aber in Stadtführern nicht erwähnt, im Stadtarchiv nicht bekannt. Aber die Bedienung in der Bar gegenüber wußte bescheid: sei vom Kneipenbesitzer vor zwei Jahren da plaziert und werde geschmückt, um den Biergarten zu verschönern. 


Buddha selber lächelt über diese Version. Ergebnis unendlicher Wiederholung einer Form,ist er doch als Einzelstück aus Marmor gemeißelt und damit mühsame Annäherung an ein perfektes Vorbild: seine Aura hält tatsächlich unabsichtlich diese Stadtecke in Atem. Damit läßt er sich als Zeichen einer möglichen neuen Spiritualität im Globalisierungsprozeß, jenseits kanonisierten Glaubens und institutionalisierter Religiosität, deuten. Einmal werde ich dort Blumen ablegen. Wenn ich selber einen Garten habe. Inzwischen habe ich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder Lust, ein  Buch zu lesen: Robert Pirsigs "Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten", ein Kultbuch der siebziger Jahre. Mal sehen, ob diese Untersuchung von Qualität als Maßstab menschlichen Denkens und Handelns noch trägt.

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